Pflegezeitgesetz: Ihre Rechte und Möglichkeiten der Freistellung für die Pflege Angehöriger
Viele Menschen stehen vor der Herausforderung, ihre beruflichen Verpflichtungen mit der Pflege eines Familienmitglieds in Einklang zu bringen. Hierbei spielt die Freistellung für die Pflege Angehöriger eine zentrale Rolle. Dieser Blogbeitrag bietet einen Überblick über die Rahmenbedingungen und Unterstützungsmöglichkeiten.
Das Wichtigste im Überblick
- Zweck der Freistellung: Eine Freistellung bietet die notwendige Zeit und Flexibilität, um sich intensiv und angemessen um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, ohne die berufliche Existenz zu gefährden.
- Pflegezeit und Familienpflegezeit: Das Pflegezeitgesetz ermöglicht eine bis zu sechsmonatige Freistellung, während das Familienpflegezeitgesetz eine bis zu 24-monatige Teilfreistellung ermöglicht, bei der mindestens 15 Stunden pro Woche gearbeitet werden muss. Beide können kombiniert werden.
- Voraussetzungen für Freistellung: Die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen muss nachgewiesen sein, die Freistellung gilt für nahe Angehörige und es gibt Ankündigungsfristen sowie Mindestbetriebsgrößen, um Anspruch auf Pflegezeit oder Familienpflegezeit zu haben.
- Sozialversicherung während der Freistellung: Während der Freistellung bleiben pflegende Angehörige sozialversichert, da der Arbeitgeber die Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung weiterführt.
- Antragsverfahren: Die Freistellung muss schriftlich und rechtzeitig beim Arbeitgeber beantragt werden, unter Vorlage der Nachweise zur Pflegebedürftigkeit und einer Pflegeplanung.
- Kündigungsschutz: Während der Inanspruchnahme von Pflegezeit oder Familienpflegezeit genießen Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz, was die Sicherheit während der Pflegephase erhöht.
Warum sollten sich Angehörige für die Pflege freistellen lassen?
Die Pflege eines Angehörigen ist oft nicht nur eine emotionale, sondern auch eine körperliche und zeitliche Herausforderung. Eine Freistellung pflegender Angehöriger bietet die notwendige Zeit und Flexibilität, um sich intensiv und angemessen um den Pflegebedürftigen zu kümmern. Durch die gesetzlich verankerten Freistellungsmöglichkeiten können pflegende Angehörige sicherstellen, dass die Pflege auf einem hohen Niveau erfolgt, ohne dabei ihre berufliche Existenz zu gefährden. Die Entlastung, die durch die Freistellung entsteht, trägt nicht nur zur Verbesserung der Pflegequalität bei, sondern auch zur eigenen physischen und psychischen Gesundheit.
Welche Möglichkeiten der Freistellung für die Pflege Angehöriger gibt es?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Arbeitnehmer sich für die Pflege eines Angehörigen freistellen lassen können:
- Pflegezeit: Nach dem Pflegezeitgesetz können Arbeitnehmer bis zu sechs Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freigestellt werden, um einen nahen Angehörigen zu pflegen. Pflegezeit wird Arbeitnehmern gewährt, deren Arbeitgeber mindestens 16 Beschäftigte zählen. Die Pflegezeit muss zudem mindestens 10 Tage vor Beginn beim Arbeitgeber angemeldet werden.
- Familienpflegezeit: Das Familienpflegezeitgesetz ermöglicht eine Freistellung von bis zu 24 Monaten, wobei der Arbeitnehmer mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten muss. Diese Möglichkeit steht allen Arbeitnehmern offen, deren Arbeitgeber mehr als 25 Personen beschäftigen.
- Kurzzeitige Arbeitsverhinderung: Für eine akute Pflegesituation können Arbeitnehmer bis zu zehn Tage von der Arbeit fernbleiben. In dieser Zeit erhalten das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld, was 90 % des monatlichen Nettolohns entspricht. Wie viele Beschäftige der eigene Arbeitgeber zählt, ist dafür irrelevant.
- Sterbephase: Für die Freistellung in der Sterbephase eines nahen Angehörigen gibt es eine besondere Regelung im Rahmen des Pflegezeitgesetzes. Diese Regelung ermöglicht eine Freistellung bis zu 3 Monaten, auch wenn die Pflege und Betreuung in einem Heim oder Hospiz stattfindet. Auch diese Regelung gilt nur für Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber mehr als 15 Personen beschäftigen.
Können Pflegezeit und Familienpflegezeit kombiniert werden?
Ja, Pflegezeit und Familienpflegezeit können miteinander kombiniert werden. Es ist möglich, zunächst eine sechsmonatige Pflegezeit und anschließend eine bis zu 24-monatige Familienpflegezeit zu nehmen. Dies ermöglicht eine flexible Gestaltung der Pflege, abgestimmt auf die Bedürfnisse des pflegebedürftigen Angehörigen und die eigene berufliche Situation. Wichtig dabei ist, dass beide Freistellungen beim Arbeitgeber rechtzeitig und korrekt beantragt werden.
Was sind die Voraussetzungen für die Freistellung von Angehörigen für die Pflege?
Um eine Freistellung für die Pflege eines Angehörigen zu beantragen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Pflegebedürftigkeit des Angehörigen: Der Angehörige muss nachweislich pflegebedürftig sein, was durch ein Gutachten der Pflegekasse bestätigt wird. Sprich, er braucht einen anerkannten Pflegegrad.
- Pflege zu Hause: Um die Freistellung als pflegender Angehöriger gewährt zu bekommen, muss die Pflege des Angehörigen zu Hause erfolgen. Einzige Ausnahme ist die Sterbephase. In diesem Fall, wird auch dann eine Freistellung zur Sterbebegleitung gewährt, wenn der Pflegebedürftige in einem Heim oder Hospiz untergebracht ist.
- Nahe Angehörige: Die Freistellung gilt nur für die Pflege naher Angehöriger wie Eltern, Kinder, Ehepartner, Geschwister und Schwiegereltern.
- Ankündigungsfrist: Die Pflegezeit muss spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn beim Arbeitgeber angekündigt werden, die Familienpflegezeit mindestens acht Wochen vorher.
- Betriebsgröße: Der Anspruch auf Pflegezeit besteht in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten, der Anspruch auf Familienpflegezeit in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten.
Wie bin ich während der Freistellung für die Pflege Angehöriger sozialversichert?
Während der Freistellung bleiben pflegende Angehörige sozialversichert. Der Arbeitgeber führt die Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung weiter, auch wenn kein Gehalt gezahlt wird. Dies gewährleistet, dass keine Versorgungslücken entstehen und der pflegende Angehörige weiterhin abgesichert ist. Zudem können Pflegepersonen unter bestimmten Bedingungen für 10 Tage pro Jahr auch Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld haben, welches den Verdienstausfall teilweise kompensiert.
Das Darlehen zur Finanzierung der Pflegezeit
Es gibt keine Entgeltersatzleistung für die Pflege- und Familienpflegezeit sowie für die Sterbebegleitung innerhalb der Drei-Monatsregelung. Stattdessen bietet der Gesetzgeber währen der Freistellung für die Pflege Angehöriger ein zinsloses Darlehen an, um die Verdienstausfälle zumindest vorübergehend abzufedern. Das Darlehen dient dazu, den Verdienstausfall zu kompensieren, der durch die Reduzierung der Arbeitszeit während der Inanspruchnahme von Familienpflegezeit oder Pflegezeit entsteht.
Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer, die Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen. Dies gilt auch für eine Kombination aus beiden Freistellungen. Die Höhe des Darlehens orientiert sich am Einkommensausfall, der durch die Reduzierung der Arbeitszeit entsteht. Es soll sicherstellen, dass der pflegende Angehörige finanziell abgesichert bleibt. Die genaue Höhe wird individuell berechnet. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt in monatlichen Raten und beginnt spätestens nach dem Ende der Freistellungsphase. Die genaue Tilgungsvereinbarung wird individuell festgelegt.
Das Darlehen wird beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt. Der Antrag muss rechtzeitig und vollständig eingereicht werden. Für die Beantragung des Darlehens sind verschiedene Unterlagen erforderlich, darunter der Nachweis über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen, die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über die Reduzierung der Arbeitszeit und Einkommensnachweise. Das Darlehen ist zinslos, was bedeutet, dass der Arbeitnehmer nur den tatsächlich erhaltenen Betrag zurückzahlen muss, ohne zusätzliche Zinsen.
Wie beantrage ich die Freistellung für die Pflege Angehöriger?
Der Antrag auf Freistellung sollte schriftlich und rechtzeitig beim Arbeitgeber eingereicht werden. Folgende Schritte sind dabei zu beachten:
- Information sammeln: Vorab alle notwendigen Informationen und Nachweise zur Pflegebedürftigkeit des Angehörigen beschaffen. Führen Sie ein Pflegetagebuch, die Bescheinigung des Pflegegrades ist ebenfalls wichtig. Je mehr Dokumente belegen, dass eine Pflegezeit notwendig ist, desto besser.
- Gespräch mit dem Arbeitgeber: Ein klärendes Gespräch mit dem Arbeitgeber führen, um die Freistellungsoptionen und die genaue Ausgestaltung zu besprechen.
- Schriftlicher Antrag: Einen schriftlichen Antrag auf Pflegezeit oder Familienpflegezeit stellen, inklusive der Angabe des gewünschten Zeitraums und der Pflegeplanung.
- Bestätigung abwarten: Auf die schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers warten und alle weiteren Details, wie die Sozialversicherungsbeiträge und eventuelle Vertretungsregelungen, klären.
Wann endet die Pflegezeit?
Sollte der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig sein, die stationäre Pflege nötig werden oder der Pflegebedürftige versterben, endet die Pflegezeit oder Familienpflegezeit vier Wochen nach dem Eintritt dieser Umstände. Als pflegender Angehöriger sind Sie verpflichtet, Ihren Arbeitgeber nun unverzüglich darüber zu informieren. In allen anderen Situationen ist eine vorzeitige Beendigung der Pflegezeit oder Familienpflegezeit nur mit Zustimmung Ihres Arbeitgebers möglich.